Canzow Amt Woldegk

Lage: Canzow liegt ca. 2 km vom Stadtzentrum Woldegk entfernt an der B198.
Ortsstruktur: Die Kirche dominiert die Ortsmitte.
Geschichte: Der Name des Ortes soll slawischen Ursprungs sein (1315 Canzowe, 1322 Kantzowe: "Ort des Kanec" nach Kühnel), laut Hollnagel existierten auf der Canzower Feldmark 3 Standorte vermutlich slawischer Siedlungen. Um 1200 war das Dorf mutmaßlicher Stammort der Kanzows (nach Angaben der Familie). Durch ununterbrochene Kriege zwischen Mecklenburg, Pommern und Brandenburg wurde das Dorf ständig niedergebrannt. Die Kanzows übersiedelten dann in den seit 1234 mit Stadtrecht versehenen Zentralort Prenzlau (laut Familienchronik). Die aufblühende und vollständig umwehrte, damals pommersche Stadt bot in ihren festen Mauern Schutz. Die Stadt Woldegk wurde wahrscheinlich erst einige Jahre vor 1250 als Burgfeste zur Sicherung der zwischen den Ausläufern des Helpter Bergrückens gelegenen Senke errichtet. Das ca. 2 km westlich von Woldegk gelegene Angerdorf Canzow muss schon vor dieser Zeit eine Redariersiedlung (westslawischer Stamm) gewesen sein mit einer vorzüglichen Lage. Als optimaler Wetterschutz schmiegt sich der Ort gegen Westen, Norden und Süden an steilaufragende Hügelkomplexe. Nur in östliche Richtung breitet sich eine von einem damaligen See flankierte Talebene, die heute ein verlandetes Erlenbruch ist. 1315 gehörte das Dorf der Familie von Dewitz. Als Pommern und Brandenburger 1440 Woldegk erobern, wird die 347 ha große Canzower Gemarkung zur Wüstung. Um 1500 lag das Dorf mit allen Höfen wüst. Im 16. Jahrhundert gelangte die Familie von Dohren in den Besitz des Gutes, gefolgt von der Familie von Manteufel. Nach dem Dreißigjährigen Krieg lag 1651 der gesamte Ort wieder wüst. 1688 erwarb Joachim Friedrich von Stülpnagel das total verschuldete Gut. 1715 kaufte es der Hof- und Justizrat Hermann von Scheve vom Sohn des Hans Detlof von Strahlendorff. Bis zur Enteignung durch die Bodenreform blieb das Gut im Besitz der Familie von Scheve. Das massive Herrenhaus aus dem Anfang des 18. Jahrhunderts brannte 1945 ab. Das aus derselben Zeit stammende Torhaus mit Fachwerkobergeschoss wurde später abgerissen. Mit der Brandstiftung verlor die Familie Adolf Friedrich von Scheve ihr über 230 Jahre dienendes Heim. Teile der Wirtschaftsgebäude sind heute noch erhalten. Am Ende des 2. Weltkrieges lagen 80 % des Ortes in Schutt und Asche. Im Zuge der Bodenreform 1945 wurde das Land an die Siedler verteilt und neue Wohngebäude entstanden. 1957 gründete sich durch Zwangskollektivierung eine Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft (LPG). Einst war Canzow ein abgeschlossener Gutshof mit Torhaus, heute ist es ein Straßendorf an der Chaussee. Nach der politischen Wende 1989 erfolgte in der Landwirtschaft die Privatisierung des staatlichen bzw. genossenschaftlichen Eigentums.

Sehenswürdigkeiten:

  • Landarbeiterhaus
  • 2 Meilensteine (Große Rundsäulen) an der B198 und B104
  • Kirche mit Friedhof (neugestaltete Friedhofsmauer) und Grabstätte der Familie von Scheve
  • Straußenfarm Pfeiffer

Kirche

Bereits im Mittelalter existierte hier eine Kirche. Der Pfarrort gehörte zum Havelberger Bistum. Vermutlich verschwand die alte Feldsteinkirche im 30-jährigen Krieg.

Im Jahre 1888 war das Schiff der jetzigen Kirche eine Grabkapelle von der Familie von Scheve, deshalb ist sie nicht nach Osten ausgerichtet. 1893 ließ der preußische Rittmeister Ernst von Scheve das ehemalige Familienmausoleum im neugotischen Stil zur neuen Kirche um- und ausbauen. Es wurde ein quadratischer Turm errichtet. Die Mauern der Grabkapelle aus Felsen konnten zum Teil in den Neubau miteinbezogen werden. Eine Besonderheit im Inneren ist das spitzbogige Scheingewölbe in seiner seltenen Konstruktion mit einem Schwerlastgesims dargestellt. 1945, nach Kriegsende wurden der Kirchenraum arg verwüstet, die kleine Orgel zerstört sowie Bänke und Orgelpfeifen im Ort verstreut. Ab 1948 konnten wieder Gottesdienste gehalten werden.

Die Kirche wird seit langer Zeit nicht mehr genutzt. In mehreren Bauabschnitten konnte sie seit 1997 gerettet werden. 2001 ist eine Sonderbriefmarke der Dorfkirche zum Thema „Bewahrung kirchlicher Baudenkmäler“ herausgegeben worden. 2003 wurden im Chor die Gewölbekonstruktion und der Dachstuhl saniert sowie das Dach neu eingedeckt. Es besteht aber weiterhin akuter Handlungsbedarf.

Persönlichkeiten:

Adolf Friedrich von Scheve (*27. Mai 1752 in Neustrelitz; † 22. Februar 1837 in Berlin), ein Jurist und Erbherr auf Canzow, bekleidete zahlreiche Ämter in der preußischen Staatsverwaltung. Nach dem Studium der Rechte in Greifswald und Göttingen war er in Berlin 1798-1806 Kammergerichtsrat und Präsident des Kurmärkischen Konsistoriums, 1802-1806 Präsident des Oberschulkollegiums sowie 1813-1824 Präsident des für die Vormundschaft zuständigen Pupillenkollegiums beim Kammergericht und Präsident des Armendirektoriums bei der Regierung.

Quellen:
Die slavischen Ortsnamen in Meklenburg, In: Jahrbücher des Vereins für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde, Paul Kühnel, 1881
MST Kunst- und Geschichtsdenkmäler, Georg Krüger, 1925
Die ur- und frühgeschichtlichen Denkmäler und Funde des Kreises Strasburg, Adolf Hollnagel, 1973
Geschichte der Familie Kantzow, Julius und Georg Kantzow/Wolfgang Krüger, 1987
Wer war wer in Mecklenburg-Vorpommern?, Grete Grewolls, 1995
Belvedere und andere schöne Aussichten, Helmut Borth, 2003
Sämtliche Briefe an Johann Heinrich Pestalozzi, Rebekka Horlacher, Daniel Tröhler, Zürich 2010
Ortschronik Canzow, Stadtarchiv Woldegk

Lage des Ortsteils Canzow


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