Göhren/Georginenau Amt Woldegk

Ortsvorsteher: Ralf Karberg Tel.: 0173/8123425
Lage: Göhren liegt ca. 6 km, Georginenau ca. 9 km vom Stadtzentrum Woldegk entfernt
Geschichte:

Der Name des Ortes soll von gorne (altslawisch = bergig) abgeleitet (1457 Görne, 1496 Gorne: „Bergort“ nach Kühnel) sein. Göhren war ein ritterschaftliches Lehen mit weiträumigem Angerdorf. Der mutmaßlich slawische Burgwall ist später von einer mittelalterlichen Burganlage überbaut worden. Um 1560 wurde der westlich an den Kirchhof anschließende Priesterhof errichtet. Vor dem Dreißigjährigen Krieg bestanden hier neben dem adligen Gutshof noch 16 Bauernhöfe. Nach der Verwüstung werden 1665 nur der Gutshof und 2 Bauern angegeben. Der verarmte Gutsherr Georg von Blankenburg hatte 1650 seinen Besitz verloren. Danach folgten zahlreiche Gutsherren. Bis 1756 existierte eine Wassermühle am Dieckgraben auf der Göhrener Gemarkung, die wegen der durch sie verursachten Überschwemmungen auf Göhrener und Canzower Gebiet einging. Die auf der Schmettau´schen Karte um 1780 eingezeichnete Windmühle ist wahrscheinlich ein Nachfolgebau dieser Wassermühle. 1805-1890 wird der Standort einer Ziegelei schriftlich erwähnt, obwohl bereits auf der Schmettau´schen Karte von um 1780 eine Ziegelei auftaucht. Ab 1839 war das Gut im Besitz der Familie von Schwerin. Der letzte Gutsbesitzer, Ulrich-Wilhelm Graf von Schwerin von Schwanenfeld wurde wegen seiner aktiven Mitbeteiligung am 20. Juli 1944 von den Nationalsozialisten zum Tode verurteilt und in Berlin-Plötzensee hingerichtet. Seine Familie geriet in Sippenhaft und musste Göhren verlassen. Das Gut wurde noch 1944 enteignet und zwangsverwaltet.

Nach der Bodenreform konnte 1946 mit dem Bau von Siedlungshäusern begonnen werden. 1950 entstand eine Zentralschule, die bis 1975 existierte. Die seit 1948 bestehende Maschinen-Ausleih-Station (MAS) ist 1952 in die Maschinen-Traktoren-Station (MTS) umgewandelt worden. Eine Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft (LPG) wurde durch Zwangskollektivierung 1953 gegründet. 1954-1960 entwickelte sich ein Örtlicher Landwirtschaftsbetrieb (ÖLB). Neubauten entstanden 1960. Nach der politischen Wende 1989 erfolgte in der Landwirtschaft die Privatisierung des staatlichen bzw. genossenschaftlichen Eigentums.

Erst Anfang der 1990er Jahre erhielten die Schwerins verstaatlichtes ehemaliges Göhrener Gutseigentum zurück. Der älteste Sohn des 1944 ermordeten Widerständlers, Wilhelm Graf von Schwerin von Schwanenfeld und seine Frau Astrid verlegten ihren Hauptwohnsitz von Heidelberg wieder nach Göhren.

Schloß: Im südlichen Teil des Parks stand auf einem Hügel das Schloß. Das gotisierende Gebäude erschuf der Berliner Baurat Friedrich Hitzig 1855 als mehrteilig gegliederten, aufwendigen Ziegelputzbau. Eine Erweiterung erfolgte 1913 durch den Schweriner Baumeister Hamann nach Westen. Bauherr war Hermann Graf von Schwerin auf Wolfshagen. Die Gesamtanlage wurde durch Erker- und Terrassenvorbauten, Pfeilervorlagen, Bogengänge sowie Zinnenbekrönungen bereichert. Das Herrenhaus brannte im Juni 1945 vollkommen aus, nachdem bereits einen Monat zuvor ein erster Brand gelöscht werden konnte. Die Steine wurden zur Gewinnung von Baumaterial für Siedlungshäuser abgetragen. Heute finden sich nur noch Mauerreste. Wie das Feuer entstand, ist ungeklärt.

Sehenswürdigkeiten:

  • Gutsanlage mit
    • Lenné-Park einschließlich Burgwälle
    • Reste einer mittelalterlichen Burganlage (sog. Schloßberg) im Park
    • Gedenkstein Ulrich-Wilhelm Graf von Schwerin von Schwanenfeld (1987 im Park aufgestellt anlässlich seines 85. Geburtstages)
    • Erbbegräbnisstätte der Familie von Schwerin von Schwanenfeld (im Park)
    • Inspektorenhaus
    • Reitstall
    • Pferdestall (sog. Felsenscheune)
    • Stallspeicher I – Kuhstall
    • Stallspeicher II – Schafstall
    • Stallspeicher III – Pferdestall
  • Denkmal (Findling gegenüber der Kirche) für Otto von Bismarck vor der Bismarck-Eiche in Gedenken an die Reichseinigung von 1871
  • Brennerei
  • Grenzsäule (gegenüber dem Zollhaus)
  • Grenz- bzw. Wegestein an der L341, etwa 500 m vor Göhren aus Woldegk kommend - am neuen straßenbegleitenden Fahrradweg - auf der rechten Seite vor einer Schranke (am Eingang zum Göhrener Park) aufrecht stehend
  • Pfarrwitwenhaus (Holzfachwerkbau)
  • Pfarrhaus (Holzfachwerkbau 18. Jh., nach 1750) mit Garten und Handschwengelpumpe
  • Arbeiter-Kutscherhaus (Holzfachwerkbau, nahe der Kirche)

Kirche

Bereits Mitte des 15. Jahrhunderts wurde die Kirche aus geschlagenen Feldsteinen erbaut. Das Dorf wird als Pfarrort 1496 zum ersten Mal erwähnt. In einer groß angelegten Renovierung wurde 1875 besonders der Innenraum neogotisch umgestaltet, die Stuckdecke eingezogen und Gestühl, Empore, Kanzel und Altar erneuert. In einem Rundbogen hinter dem Altar befindet sich seitdem ein Gemälde, das den Segnenden Christus zeigt. Die Fenster im Kirchenschiff wurden verkleinert und in Glasmalerei mit Dekor und den Wappen der Patronsfamilie ausgeführt. Einige Jahre später musste der Turm wegen Baufälligkeit abgetragen werden. Ein neuer wurde nicht errichtet. Die zwei alten Glocken (um 1300) befinden sich heute in einem frei stehenden Stuhl auf dem Kirchhof. Die kleine, zweimanualige Orgel stammt vom Berliner Orgelbaumeister H. Wittig. Als Erbauungsjahr gilt 1860. Das Instrument wird als historisch wertvoll eingestuft, da es weitestgehend in seiner Originalsubstanz erhalten ist. Im Jahr 2004 wurde es umfassend restauriert. Dabei konnten auch die Zinkpfeifen des Prospekts, die nach dem 1. Weltkrieg als Ersatz für die eingeschmolzenen eingebaut wurden, wieder durch Zinnpfeifen ersetzt werden. Es folgte eine umfassende Sanierung der Kirche. So wurden Stabilisierungsarbeiten am Gemäuer ausgeführt, das Dach neu eingedeckt, der Innenraum saniert, Gemälde und Figuren restauriert und teilweise eine Sitzbankheizung eingebaut. Am 24. Januar 2010 konnte wieder Einweihung gefeiert werden. Seit 1988 befindet sich im Patronatsgestühl eine Gedenktafel für Ulrich-Wilhelm Graf von Schwerin von Schwanenfeld.

Zollhaus mit Nebengebäuden

Nach Einführung eines Grenzzollsystems Anfang des 19. Jahrhunderts wurde dieses Zollhaus, das sogenannte Tollhus (plattdeutsch) in der Mitte des Ortes erbaut, da zwischen Göhren und Fürstenwerder die Ländergrenze Mecklenburg/ Brandenburg verläuft. Wenn eine Ware die Grenze eines Landes überschritt, musste eine staatliche Abgabe (Zoll) erhoben werden. Dieses Zollhaus hat Fensteraussichten in 3 Straßenrichtungen. Zur besseren Sicht diente nach Süden ein Erkervorbau. Vor dem Gebäude befand sich ein vom Haus aus bedienter Schlagbaum zum Schließen der Straße. Mit einem Beutel an einer langen Stange konnte der Zoll kassiert werden, indem er dem Händler oder Viehtreiber vorgehalten wurde.

Mit Beginn der Zollunion 1866 geht das Haus in den Besitz der Gutsverwaltung der Familie von Schwerin über und wird als Wohnung des Gutsdieners genutzt. Hier befand sich die Haupteinfahrt zum Schloß mit einem 2 m hohen Tor aus massiven viereckigen Pfeilern und darauf vorhandenen Zierlaternen. Vom Tor aus ging eine 1,50 m hohe Mauer um den neuangelegten Vorpark bis zur Schule vor der Kirche. Nach 1945 diente das Zollhaus Wohnzwecken, als Gemeindebüro und Post sowie ab 1980 als Kinderkrippe.

1990 erfolgte die Rückübertragung an Wilhelm Graf von Schwerin von Schwanenfeld. Nach dem Kauf durch die Stadt Woldegk im Jahre 2006 konnten Haupt- und Nebengebäude umfangreich saniert werden. Das Zollhaus wurde als Gedächtnisstätte gestaltet mit Dauer-Ausstellungen: „Mecklenburger und Landwirte im Widerstand gegen den Nationalsozialismus“. Im Nebengelass ist ein Museum historisch haushaltstechnischer Gerätschaften eingerichtet.

Persönlichkeiten:

Ulrich-Wilhelm Graf von Schwerin von Schwanenfeld (* 21. Dezember 1902 in Kopenhagen/ Dänemark; † 8. September 1944 in Berlin) war ein Landwirt, Gutsbesitzer, Reserveoffizier und Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus.

Ein Vorfahre von ihm kaufte 1670 den Güterkomplex Wolfshagen in der Uckermark. Sein Urgroßvater fügte dem Besitz das angrenzende Gut Göhren hinzu. Hier wurde sein Vater, der Diplomat Ulrich Graf von Schwerin (1864-1930) geboren. Schwerin lebte mit seinen Eltern bis zu seinem 12. Lebensjahr fast nur im Ausland. Nach dem Besuch der Schule in Dresden und des Internats der thüringischen Klosterschule Roßleben absolvierte er 1921-1923 eine praktische land- und forstwirtschaftliche Lehre mit anschließendem Studium der Landwirtschaft in München, Berlin und Breslau. Kurz nach seinem Diplom verstarb 1926 sein Erbonkel. 1924 hatte ihn ein kinderloser Bruder seines Vaters adoptiert. Schwerin erbte die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe in Sartowitz und Göhren. Sartowitz war durch seine Großmutter, eine geborene von Schwanenfeld, in die Familie gekommen. Schwerin fügte ab 1930 seinem Namen den Zusatz von Schwanenfeld bei. Seit 1932 wurde er zum erklärten Gegner der Nationalsozialisten. Ein früher Versuch, Hitler und sein Regime durch einen Staatsstreich zu beseitigen, scheiterte. 1938 hatte dazu in Göhren eine Besprechung stattgefunden. Mit Kriegsbeginn 1939 wurde Schwerin eingezogen und nahm am Einmarsch in Polen teil. Er diente als Offizier an der Seite des Generals von Witzleben, an den sich viele Hoffnungen des militärischen Widerstandes knüpften. Nach seiner Begegnung 1943 mit Claus Schenk Graf von Stauffenberg wirkte er an der Vorbereitung des 20. Juli 1944 mit. Schwerin stand dem sogenannten Kreisauer Kreis nahe. Nach dem Scheitern des Umsturzversuches am 20. Juli wurde er in Berlin zusammen mit weiteren Beteiligten verhaftet. Der Volksgerichtshof verurteilte Schwerin am 21. August zum Tode sowie zur Einziehung des Vermögens, und am 8. September 1944 folgte die Hinrichtung in Berlin-Plötzensee. Seine Frau, Söhne und Mutter kamen in Sippenhaft. Straßen in Berlin, Potsdam, Wünsdorf und Rostock sowie Gedenksteine in Berlin und Göhren erinnern an den Widerständler. Auf Grund eines Beschlusses der Woldegker Stadtvertretung wurde Ulrich-Wilhelm Graf von Schwerin von Schwanenfeld posthum mit Wirkung zum 3. Oktober 2012 zum Ehrenbürger der Windmühlenstadt Woldegk ernannt.

Von seinen fünf Söhnen starben zwei bereits im Kindesalter, die drei weiteren sind der in Göhren wohnende Land- und Forstwirt sowie ehemalige Präsident der Johanniter-Unfall-Hilfe, Wilhelm Graf von Schwerin von Schwanenfeld (*1929 in Göhren), der Autor und Verleger, Christoph Graf von Schwerin von Schwanenfeld (1933-1996) sowie der Historiker und Polizeipräsident a.D., Dr. Detlef von Schwerin von Schwanenfeld (*1944 in Göhren), der mit seiner Frau Kerrin, einer Historikerin und Verlegerin, in Berlin sowie auf dem wiedererlangten Familienbesitz Bülowssiege lebt.

Quellen:
Die slavischen Ortsnamen in Meklenburg, In: Jahrbücher des Vereins für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde, Paul Kühnel, 1881
MST Kunst- und Geschichtsdenkmäler, Georg Krüger, 1925
Die Geschichte der Tonnutzung im Stargarder Land im Raum Friedland/Woldegk, 2002
Kirche auf der Grenze, Kerrin Gräfin Schwerin, 2004
Die Vorwerke von Wolfshagen, Dr. Ulrich Ratzke, 2006
Ortschronik Göhren, Stadtarchiv Woldegk

Georginenau Geschichte:  

Bereits in der Jüngeren Steinzeit befand sich am Ufer des Damm-Sees bei Georginenau ein Siedlungsplatz.

Im 18. Jahrhundert, vermutlich schon vor 1750 befand sich auf dem heutigen Georginenau die Meierei Friedrichshof. Seit Mitte der 1790er Jahre konnte der Wirtschaftsbetrieb zu einem mit Göhren verbundenen Vorwerk erweitert werden. Danach erfolgte eine Abtrennung. 1838 wurde die Meierei Friedrichshof zu einem selbstständigen sogenannten Mannlehngut. Hermann Graf von Schwerin erwarb dann das 1841 wieder zum Vorwerk von Göhren gehörende Gut. Das Nebengut Friedrichshof ist in Georginenau umbenannt worden. 1858 wird es erstmals so aufgeführt. Ulrich-Wilhelm Graf von Schwerin von Schwanenfeld war der letzte Besitzer. Er gehörte dem deutschen Widerstand an und wurde nach dem missglückten Attentat auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944 hingerichtet. Daraufhin folgte die Enteignung seiner Güter.

Am Ende des 2. Weltkrieges wurde das Dorf von der Roten Armee besetzt. Die Ergebnisse der Bodenreform nach 1945 gewährten ehemaligen Landarbeitern und Vertriebenen den Aufbau von Neubauernhöfen. Mitte der 1950er Jahre schlossen sich diese durch Zwangskollektivierung zu einer Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) zusammen. Das Gutshaus und der größte Teil der Wirtschaftsgebäude sind beseitigt worden. Nach der politischen Wende 1989 erfolgte in der Landwirtschaft die Privatisierung des staatlichen bzw. genossenschaftlichen Eigentums.

Erst Anfang der 1990er Jahre erhielt die Familie von Schwerin von Schwanenfeld verstaatlichtes ehemaliges Gutseigentum von Göhren/Georginenau zurück.

Heute ist das Dorf ein Wohnort.

Sehenswürdigkeiten:

  • Ehemaliger Gutshof
  • Park
  • Pferdestall als Rest der Wirtschaftsgebäude der Gutsanlage
  • Damm-See
  • Wegweiserstein (Meilenstein)

Quellen:  
MST Kunst- und Geschichtsdenkmäler, Georg Krüger, 1925
Die Vorwerke von Wolfshagen, Dr. Ulrich Ratzke, 2006
Ortschronik Göhren, Stadtarchiv Woldegk

 

Lage des Ortsteils Göhren / Georginenau


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